Als Windows 10 im Jahr 2015 veröffentlicht wurde, hatte Microsoft das System als „letztes Windows“ präsentiert, welches einfach weiter gepflegt und bei allen Nutzenden immer aktualisiert wird.
Nun gibt es dann doch nach dem „letzten Windows“ eine weitere, neue Version. Windows 11 liegt als erste, noch unfertige Vorab-Version vor und kann von den „Windows-Insidern“ getestet werden.
Das fertige Windows 11 wird wohl im Oktober erscheinen und steht dann als kostenloses Update für alle bereit, die jetzt Windows 10 nutzen. Zumindest theoretisch.
Denn darum dreht sich momentan alles: die Systemvoraussetzungen. Die steigen zwar nicht deutlich, allerdings werden ein paar Dinge vorausgesetzt, die eine Reihe älterer Systeme ausschließen wird.
Auf jeden Fall ausgeschlossen werden Systeme, die nur eine 32-bit CPU verwenden. Ein 32-bit Windows 11 wird es nicht geben. Da die letzten reinen 32-bit CPUs schon vor diversen Jahren auf den Markt kamen, dürfte das zu verschmerzen sein.
Davon sind allerdings auch Systeme betroffen, die zwar eine 64-bit CPU, allerdings nur ein 32-bit UEFI haben. Das wären dann Systeme mit einigen Intel Atom Chips, wie das hier vor einigen Jahren getestete ODYS VarioPro.
Ansonsten fordert Microsoft einen TPM 2.0 Chip, sowie dass das System im UEFI Modus mit aktivierter SecureBoot-Funktion startet. Bei den aktuellen Insider-Previews werden diese Einschränkungen allerdings noch nicht erzwungen bzw. lassen sich leicht umgehen.
Zusätzlich nennt Microsoft Listen von CPUs von Intel, AMD und Qualcomm, die für Windows 11 offiziell freigegeben sind. Inwiefern Windows 11 auf einer CPU, die nicht auf dieser Liste steht, generell nicht installiert werden kann, ist aktuell noch nicht wirklich klar.
Wäre dem so, würde das eine große Menge Systeme ausschließen. Allerdings gibt es auch für Windows 10 schon entsprechende Listen, auf denen z.B. Intels „Haswell“ Plattform und alles davor fehlt. Das entspräche den Core i Modellen der 4000er Serien. Windows 10 läuft allerdings einwandfrei auf diesen CPUs.
Normalerweise werden solche Listen für Hardware-Hersteller gepflegt und sind für den normalen Endanwender nicht relevant.
Neben den Anforderungen an die Hardware ändert sich das Erscheinungsbild von Windows 11 gegenüber Windows 10 recht deutlich.
Auffällig ist auf den ersten Blick schon, dass die Elemente der Startleiste sich zentriert auf dieser finden. Je mehr Symbole angepinnt bzw. Programme geöffnet werden, je weiter nach außen rutscht der Startknopf samt Startmenü.
Einen tieferen Sinn sieht aktuell wohl nur Microsoft in dieser Anordnung. Zum Glück kann man sie wieder auf das gewohnte Bild umstellen, mit dem Startknopf links unten in der Ecke. Nur wer die Startleiste bisher links, rechts oder oben hatte, der wird sich umgewöhnen müssen. Das lässt sich aktuell nicht mehr einstellen.
Das Startmenü selber präsentiert sich völlig ohne die Live-Kacheln, wie es sie seit Windows 8 gab. Die Funktionalität fällt ersatzlos weg. Auch eine Liste aller installierten Programme gibt es standardmäßig nicht zu sehen. Diese verbirgt sich hinter dem „Alle Apps“ Knopf.
Im Startmenü finden sich somit nur noch oben angepinnte Icons und unten zuletzt bearbeitete Dokumente. Eine weitere Anpassung ist aktuell dort nicht möglich.
Nicht nur am Design des Startmenüs hat man gearbeitet. Auch das Infocenter, bei Windows 10 die rechte Bildschirmseite einnehmend, wurde umgestaltet. Die kleinen Ausklapp-Menüs für Sound, Netzwerk und Energie hat man in diesem Zusammenhang zusammengefasst.
Insgesamt hat man bei Windows 11 deutlich mehr versucht, ein einheitliches Design zu präsentieren. Gab es beispielsweise in Windows 10 im System selber diverse verschiedene Designs von Kontextmenüs, wirkt das alles bei Windows 11 deutlich einheitlicher.
Natürlich sind aber – schon aus Gründen der Kompatibilität – weiterhin viele ältere Komponenten an Bord. Diese wurden zwar auch grafisch angepasst, aber wirken halt trotzdem nicht wie „aus einem Guss“. Die Alternative dazu, einfach jegliche Altlasten rauszuwerfen, kann man sich kaum leisten, ohne massive Einschränkungen an der Kompatibilität zu existierender Software zu riskieren.
Die Einstellungen haben ebenfalls einigen Feinschliff erfahren. Der komplette Bereich sieht aus wie neu, ist aber in der Praxis nicht wirklich anders zu bedienen.
Gerade hier hat Windows 11 optisch einen riesigen Schritt nach vorn gemacht. Insbesondere im dunklen Design sieht das einfach richtig klasse aus.
Die sechs mitgelieferten Designs passen neben dem Hintergrundbild und den Farben auch das Soundschema an. Und auch die Soundschemata sind neu. Die alten Standard-Töne sind ersetzt worden gegen recht unaufdringliche, relativ kurze Töne.
Auch die Energieeinstellungen wurden erweitert und verschönert. Nun findet sich eine grafische Darstellung des Stromverbrauchs und eine ebenfalls grafische Auflistung, welche Apps oder Komponenten dafür verantwortlich waren.
Natürlich möchte Microsoft auch an der Akkulaufzeit des Systems und an der Performance geschraubt haben. Alles soll schneller sein und länger laufen. Entsprechenden Aufschluss darüber werden wohl in Zukunft noch Benchmarks bringen. Die sollte man allerdings erst bei der fertigen Windows 11 Ausgabe wirklich vergleichen.
Auch Windows Update fühlt sich eigentlich an wie vorher, sieht aber deutlich schicker aus. Das Konzept mit monatlichen kumulativen Updates bleibt, d.h. einzelne Fixes nicht zu installieren ist weiterhin nicht möglich.
Statt wie bei Windows 10 in halbjährlicher Reihenfolge, soll Windows 11 nun jährlich ein Funktionsupdate auf eine neuere Version bekommen. Update-Pakete sollen außerdem kleiner als vorher sein.
Einen weiteren großen Schritt geht der neu entwickelte Microsoft Store. Bisher haben diesen leider viele Entwickler gemieden und ihre Software über andere Wege vertrieben und aktualisiert. Was dann üblicherweise dazu führt, dass man diverse Updater-Dienste verschiedenster Programme auf dem System hat, da es ohne Store natürlich auch keine zentralen Software-Updates gibt.
Nun bietet Microsoft den Entwicklern an, dass sie kostenlos ihre Software in den Microsoft Store einstellen können, wenn sie die eigentlichen Downloads selber anbieten und sich auch um die Bezahlung selber kümmern. Der Store ist damit quasi nur noch das Fenster zum Download beim jeweiligen Hersteller.
Sie müssen sich dann allerdings auch um eventuelle Updates selber kümmern. Diese werden in dem Fall nicht über den Store vertrieben, da die Software selbst ja auch nicht über diesen geladen wurde. Die dutzenden Updater-Dienste werden uns also erhalten bleiben.
Wer seine Apps als Entwickler im Store direkt einstellt, zahlt bei Microsoft 12% Provision bei Anwendungen und 30% bei Spielen. Dann verteilt der Store natürlich auch wie bisher entsprechende Updates.
Schon bei Windows 10 hat man zuletzt ja eine zusätzliche Funktion namens „Neuheiten und interessante Themen“ verteilt, zu erkennen an der Wetter-Anzeige in der Taskleiste. Letztere verschwindet dort mit Windows 11 wieder, aber das eigentliche Programm lebt als Sammlung von Widgets auch in Windows 11 weiter.
Die Qualität der Nachrichten bzw. der dafür genutzten Quellen schwankt stark und es wundert immer wieder, wie viele Boulevard-Medien es doch gibt. Kaum hat man „InStyle“ ausgeblendet, taucht eine News von „GALA“ auf. Bei der Treffsicherheit der Themen wird wohl kaum jemand diese Widgets häufiger nutzen.
Google schafft im Vergleich in seiner News-App auf dem Android-Handy eine geradezu erschreckend treffende Auswahl von Nachrichten und Nachrichtenquellen. Entweder wertet Microsoft nicht so viele Daten aus, oder sie haben halt nicht so viele Daten wie Google…
Das Design des Windows Explorers soll sich ebenfalls ändern und bei diversen Testern ist das neue Design auch schon aktiviert. Bei meinem Testsystem findet sich außer den neuen Icons für Laufwerke, Ordner usw. davon allerdings noch nichts.
Einige weitere Dinge sind generell noch nicht in der aktuellen Windows 11 Preview zu finden. So sollen standardmäßig direkt aus der Taskleiste heraus Chats über Teams gestartet werden können. Außerdem wird die Integration von Android Apps versprochen, welche man direkt aus dem Microsoft Store installieren können soll. Der Microsoft Store greift dazu dann auf den Android App Store von Amazon zu.
Auch die mitgelieferten Apps wie Fotos oder Mail sollen noch in neuem Glanz erscheinen, tun dies aber aktuell noch nicht. Da ist ja bis Oktober auch noch etwas Zeit.
Mit Windows 11 und den zusätzlichen Systemanforderungen will man die Sicherheit des Systems erhöhen. Man möchte die Stabilität weiter verbessern, indem nur Geräte mit aktuellen Komponenten und Treibern unterstützt werden. Das ist grundsätzlich zu begrüßen.
Härtere Schnitte in Sachen Hardware-Unterstützung ist man als Windows-Nutzer schlicht nicht gewohnt. Windows lief normalerweise immer noch auf teils historischer Hardware. Das scheint man jetzt zumindest etwas einzuschränken, auch wenn noch nicht 100%ig klar ist, wie deutlich diese Einschränkungen sein werden.
Insgesamt wirkt das, was bisher von Windows 11 zu sehen ist, optisch sehr ansprechend. Die aktuelle Preview Build 22000.51 läuft vergleichsweise stabil für eine erste Preview und auch wenn man sie – wie alle Previews – nicht produktiv nutzen sollte, spricht nichts gegen einen interessierten Blick. Stand heute kann man nur testen, wenn man bereits vorher eine Windows-Installation in der Insider-Preview hatte. ISO Images, mit denen dann auch eine Neuinstallation möglich ist, will Microsoft erst etwas später vorstellen.
Wer einfach bei Windows 10 bleiben will oder es mangels neuerer Hardware muss, hat vorerst auch nichts zu befürchten. Bis Oktober 2025 bekommt Windows 10 noch weiter Updates. Die Windows 10 Version 21H2 mit weiteren Verbesserungen steht vor der Tür und so manch eine App, die Microsoft für Windows 11 weiterentwickelt, wird ihren Weg auch in Windows 10 finden. Der neue Store zum Beispiel.
Und damit ist dann 10 schon fast ein wenig 11.